Krank durch Langeweile oder: Was ist ein Bore-out?

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Der Begriff Burnout ist heute in aller Munde; die Meisten können sich gut vorstellen, dass eine chronische Überbelastung krank machen kann. Doch was ist mit dem Gegenteil, einem Boreout (wörtlich: ausgelangweilt sein)? Wenig Arbeit bei vollem Gehalt – auf den ersten Blick sogar verlockend. Doch warum eine dauerhafte Unterforderung ebenfalls Stress erzeugen und krank machen kann, erläutern wir hier. Zudem haben wir einige Tipps zusammengestellt, um rechtzeitig gegenzusteuern.

Was ist ein Boreout?

Erstmalig geprägt haben den Begriff zwei Schweizer Unternehmensberater im Jahr 2007. Sie benannten drei Faktoren, die für ein Boreout typisch sind.

  • Unterforderung: Quantitative Unterforderung meint eine zu geringe Arbeitsfülle der zugeteilten Aufgaben, qualitative Unterforderung bezieht sich auf einen zu geringen Anspruch der Arbeiten, die Arbeit passt also nicht zu den intellektuellen Ressourcen des Arbeitnehmers. Es gibt keine Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten in zufriedenstellendem Maß einzubringen. Wichtig ist dabei, dass ein Zurückbleiben hinter den eigenen Möglichkeiten keine eigene Entscheidung war und damit nichts mit Faulheit zu tun hat. Zu wenig zu tun zu haben, dauerhaft gelangweilt zu sein ist zudem häufig mit Scham verbunden, da dies massiv abweicht von unserer leistungsorientierten Gesellschaft. Ein gewisses Stresslevel im privaten und beruflichen aufrechtzuerhalten gehört fast schon zum guten Ton.
  • Langeweile und Unzufriedenheit: Dies scheint fast die logische Folge einer Unterauslastung. Die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit geht verloren. Eine innere Kündigung, also den Rückzug in den „Dienst nach Vorschrift“, kann die Folge sein.
  • Verhaltensweisen zur „Tarnung“: Typisch sind Verhaltensweisen, die eine nicht vorhandene Auslastung vertuschen sollen, beispielsweise, indem man als erster ins Büro kommt und als letzter geht oder Arbeitsaufträge in die Länge zieht. Auch werden häufig private Dinge erledigt, wobei dies zu einem Gewissenskonflikt führen kann und die Sorge um den Arbeitsplatzverlust, sollte die Unterauslastung bekannt werden, mitschwingt.

Warum machen diese Faktoren krank?

Ein wichtiger Antrieb und Motivation des Menschen sind das Streben nach Anerkennung und Leistung. Dazu kommt das wichtige Gefühl des gebraucht werdens, was sich in dem Bedürfnis nach Bindung begründet. Am besten „performen“ wir im Job, wenn die Passung zwischen Anforderungen und eigenen Kompetenzen optimal ist. In diesem grünen Bereich ist es zudem leichter, in ein Flow-Erleben zu kommen. Passen die Anforderungen und die Kompetenzen nicht zusammen, so wird Stress erlebt – entweder, weil wir überfordert oder weil wir unterfordert sind. Die im Boreout-Zustand ausbleibenden Herausforderungen führen dazu, dass keine Erfolge mehr gefeiert werden können, womit die oben erwähnten Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden. Psychologen sprechen hierbei auch von der Selbstwirksamkeit, also dem Gefühl, durch das eigene Handeln etwas bewirken, etwas schaffen zu können. Fehlt dieses Gefühl, kann das negative Auswirkungen auf das eigene Selbstvertrauen und das Sinnerleben haben. Insgesamt ist der Job für Viele eine wichtige Säule eines gesunden Selbstwertes. Bröckelt diese, ist das gesamte „Selbstwerthaus“ sehr viel fragiler.

Was können die Folgen sein?

Das Boreout als Begriff ist ein noch sehr junges Phänomen, weshalb dieses (bisher) keine anerkannte Erkrankung ist. Diese Tatsache sowie die Fülle an möglichen Begleiterscheinungen machen es Ärzten schwer, ein Boreout-Syndrom zu diagnostizieren. Grundsätzlich können die Folgen eines Boreout-Zustandes Symptome sein, die einer Depression oder einem Burnout ähneln. Das sind vor allem Antriebsminderung, Müdigkeit, Niedergeschlagenheit, leichte Erschöpfbarkeit, Gereiztheit und sozialer Rückzug. Hinzu können psychosomatische Beschwerden wie Schwindel, Kopf- oder Bauchschmerzen, Schlafstörungen kommen.

Wie kannst du frühzeitig gegensteuern?

  • Analysiere deine Situation: Es kann sich lohnen, die eigene Arbeitszeit und womit sie verbracht wird, in einem bestimmten Zeitraum zu dokumentieren. Das hilft dir, klarer zu erkennen, ob du in Richtung eines Boreout steuerst.
  • Führungskraft heranziehen: Spreche mit deiner Führungskraft über die Situation und frage nach zusätzlichen Aufgaben und Themen. Vielleicht hast du auch selbst Vorschläge, was du gerne übernehmen würdest.
  • Selbstwert stärken: Ein gesunder Selbstwert fußt im besten Fall auf verschiedenen Säulen. Stärke diejenigen Selbstwertsäulen, die nichts mit dem Job zu tun haben, pflege als beispielsweise dein soziales Netz, gehe einem erfüllenden Hobby nach und kümmere dich um die Beziehung zu dir selbst.
  • Arbeitsplatzwechsel in Erwägung ziehen: Zeichnen sich auf längere Sicht keine Veränderungen ab, solltest du über einen Arbeitsplatzwechsel nachdenken.

Quellen:

1 Werder, Rothlin (2007): Diagnose Boreout. Warum Unterforderung im Job krank macht, Redline Wirtschaftsverlag: München, ISBN-13: 978-3636014627

2 Messmer, K., Akbas, Y (2020): KÜNDIGUNGSGRUND BOREOUT — Hinweise zur Symptomerkennung und Prävention, Heidelberger Hochschulverlag: Heidelberg.